Von: ernst.sperl@aon.at
Gesendet: Mittwoch, 27. April 2022 17:15
An: verfd.post@ooe.gv.at; lfw.Post@ooe.gv.at
 

Betreff: Fischotter Schonzeit Ausnahme – Stellungnahme zum Verordnungsentwurf

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes C-674/17 sind Ausnahmegenehmigungen zum Töten von gemäß Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützten Tieren nur zulässig, wenn „diese Ausnahmen geeignet sind“, das Ziel zu erreichen.

 

Mit den laut Verordnungsentwurf vorgesehenen Entnahmen wird das Ziel nicht erreicht, weder hinsichtlich Schäden an Fischgewässern noch hinsichtlich „Schutz anderer wildlebender Tiere“. Dazu gibt es genügend Untersuchungen. Interessant wäre, warum im Verordnungsentwurf das Gegenteil steht.

 

Otter werden immer die attraktiveren Nahrungsquellen nutzen und das sind die, die durch die Verordnung geschützt werden sollen. Erst mit massiven Entnahmen, die an (Wieder-)Ausrottung grenzen, können die „Schäden“ verringert werden. Das ist aber nach der FFH-Richtlinie nicht möglich.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat im August 2021 Ausnahmegenehmigungen für das Fangen und Töten von Fischottern an Teichanlagen aufgehoben. Der Hauptgrund: sie seien schon ihrem Wesen nach nicht geeignet, fischereiwirtschaftliche Schäden abzuwenden, da in relativ kurzer Zeit ein gebietsfremder Fischotter den Platz eines entnommenen Tieres wiederbesetzen werde.

 

 

Mit § 48 (8) Oö. Jagdgesetz soll laut Ausschussbericht „die Durchführung langwieriger, aufwendiger und kostenintensiver Behördenverfahren nicht mehr erforderlich“ sein. Dieses Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht:

Um eine Verordnung anzufechten ist eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof notwendig. Im nationalen Recht ist derzeit keine Beschwerdemöglichkeit von Umweltorganisationen gegen umweltrelevante Verordnungen vorgesehen. Dies ist ein Verstoß gegen EU-Recht. Nationale Gerichte haben fehlerhafte innerstaatliche Gesetze nicht anzuwenden und den Zugang zu Gericht trotzdem zu gewähren.

 

Gemäß Aarhus-Abkommen muss „Mitgliedern der Öffentlichkeit“ Zugang zu Gericht in Umweltangelegenheiten gewährt werden, „sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“. Für Beschwerden von „Mitgliedern der Öffentlichkeit“ gegen umweltrelevante Verordnungen wurden vom nationalen Gesetzgeber (bisher) KEINE Kriterien festgelegt. Demnach kann derzeit JEDE/R Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen während bei Otter-Entnahmen mittels eines Bescheides nur anerkannte Umweltorganisationen Beschwerde erheben können.

 

Freundliche Grüße

Ernst Sperl

Achleiten 139

A-4752 Riedau

+43 (0) 699 1047 3167

https://sperl.riedau.info/sperl.html#Ernst

 

 

PS:

Der Veröffentlichung dieser Stellungnahme stimme ich zu.

 

Zur Presseaussendung des Verwaltungsgerichtes Regensburg 27.8.2021:
https://www.vgh.bayern.de/mam/gerichte/regensburg/presse/pm_2021-08-27_fischotter.pdf

 

zum Volltext des Urteils:
Insoweit ist das Gericht davon überzeugt, dass – wie die von der Klägerseite beigezogene Dipl.Biol. ***** in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt hat – bei Herausnahme eines einzelnen Ottermännchens der hierdurch freiwerdende Platz „rasant schnell, teilweise in zwei bis fünf Tagen“ nachbesetzt werden würde. Nach einer Entnahme sei möglicherweise sogar kurzzeitig mit einem Anstieg der Otterfrequenz zu rechnen, eine Reviervergrößerung der männlichen Otter finde nicht statt, weil diese nicht beliebig ihre Reviere vergrößern könnten ...